Stadtgrün für die Bienen und den Teller

Ich bin jedes Jahr etwas spät dran, was die Gartensaison betrifft. Und dieses Jahr habe ich noch nicht mal einen Balkon, geschweige denn einen Garten. Und trotzdem habe ich gerade voller Freude in der Erde gebuddelt und bin gespannt auf das, was dort in den nächsten Tagen wachsen wird. Wo sich mein Beet befindet und welche Möglichkeiten es noch gibt, ohne eigene Außenfläche Essbares und Blühendes anzubauen und dabei dem Klima und der Artenvielfalt noch etwas Gutes zu tun, das verrate ich euch in diesem Artikel.

Gärtnern für die Seele

In diesem Jahr schaue ich mit einem wehmütigen Auge auf die beginnende Gartensaison. Denn in den letzten zehn Jahren hatte ich immer irgendwo eine kleine Fläche zum Gärtnern – ob auf Balkon oder Feld. Für mich hat das Anbauen von Obst und Gemüse, Kräutern oder Blumen große Bedeutung. Erstmal macht es Spaß und ist super befriedigend, wenn man die Pflanzen wachsen und blühen sieht und am Ende die Früchte der eigenen Arbeit buchstäblich ernten kann. Dann hat es auch so etwas Ursprüngliches und Naturverbundenes mit den eigenen Händen in der Erde zu wühlen.

Der Bezug zur Natur und das Erleben, wie aus Samen nahrhafte Lebensmittel werden, bewirkt auch, dass man die eigenen Nahrungsmittel bewusster zu schätzen weiß und entsprechend sorgsam damit umgeht. Und das tollste: Man erntet definitiv unbehandeltes und meist besonders leckeres Obst und Gemüse, das zudem keine weiteren Transport- und Logistikressourcen verbraucht, echt bio und wirklich nachhaltig also.

Gärtnern ohne Garten oder Balkon

Doch was tun, wenn man keinen Garten vor der Tür hat und die Wohnung auch keinen Balkon zu bieten hat? Aus der Erfahrung weiß ich glücklicherweise schon, dass das nicht bedeutet, dass man nicht gärtnern kann, sondern nur, dass man sich nach einer der vielen anderen Möglichkeiten umschauen muss, die die Region in puncto (Gemeinschafts-)Gärtnern so hergibt.

Wer in größeren Städten wohnt, hat es da meist gar nicht schwer, denn inzwischen gibt es unzählige Stadtgärten in vielen deutschen Städten. Auch Weimar bietet auf dem Gelände des e.Werks die Bewirtschaftung eigener Hochbeete an. Etwa 20 solcher Beete gibt es dort bisher, wer mitmachen möchte sucht sich ein freies aus und legt los. Ich war vor ein paar Wochen zum ersten Mal dort und bin begeistert von dem Areal. Eingetragen habe ich mich auch gleich für ein Beet.

Inzwischen hat die Saison begonnen und die Beete sind schon richtig grün geworden! Meins habe ich nun auch eingesät, mit Saatgut, das schon viel zu lange den Schrank gehütet hat und nun hoffentlich noch keimt. Auf dem Gelände, das übrigens den Stadtwerken gehört und vom Lichthaus gepachtet wird, gibt es übrigens auch ein Insektenhotel und einen Meisennistkasten an einem alten Straßenbahnwagen. Der Platz hat schon Flair muss ich sagen und gibt auf jeden Fall noch einiges her.. so ist das Konzept der Pächter auch sehr vielfältig, an einem Café wird gerade gearbeitet und auch ein Spielplatz gehört zu den Plänen.

Gemüse vom eigenen Acker

Wem ein Hochbeet zum Gärtnern zu wenig ist und wer lieber etwas mehr ernten möchte und sich auch eine größere Bewirtschaftung zutraut, für den ist ein Stück vorbepflanzter Acker vielleicht die richtige Wahl. In Braunschweig waren hier insbesondere Ackerhelden und meine ernte bekannte Anbieter, die in Kooperation mit Landwirten vorbereitete kleine Ackerflächen inklusive Geräteschuppen und Wasser zur Verfügung stellen. Der Arbeits- und finanzielle Aufwand ist dabei deutlich kleiner, als beispielsweise bei einem Pachtgarten und durch die Buchung für eine Saison erhält man sich eine gewisse Flexibilität.

Ich habe das „meine ernte“-Feld von Papes Gemüsegarten vor ein paar Jahren sehr genossen. Die Befürchtung, die ich dabei hatte, dass ich gar nicht weiß, was ich mit den vielen Mengen der verschiedenen regionalen Lebensmittel anfangen soll, hat sich übrigens nicht bestätigt. Im Gegenteil, ich habe so viel und so gesund gekocht wie noch nie. Da man automatisch mit den saisonalen Lebensmitteln der hiesigen Region konfrontiert wird, fängt man auch an kreativ zu werden und auch ein bisschen vorausschauender einzukaufen, was man an zusätzlichen Zutaten noch braucht. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass ich durch das Feld besser kochen gelernt habe. Schließlich will man die Sachen, die man mit so viel Einsatz und Liebe gepflegt hat, auch nicht einfach ungeachtet verkommen lassen!

In Thüringen sind die beiden Anbieter für das Ackergärtnern leider nicht vertreten. Dafür gibt es in Ollendorf, zwischen Weimar, Erfurt und Sömmerda gelegen den Biohof Scharf, der mit mein BioBeet das gleiche Konzept anbietet. Wenn man in den Städten wohnt und arbeitet ist die Bewirtschaftung eines Beetes dort allerdings nur ökologisch und wirtschaftlich, wenn man aus anderen Gründen sowieso in der Nähe vorbeifährt. Auf dem direkten Weg zwischen Erfurt und Weimar liegt es nicht, deshalb kommt es für mich leider nicht in Frage. Ein bisschen besser gelegen für Leute wie mich, die viel in Erfurt sind, ist das Mein Stadtbeet in Erfurt Melchendorf.

Oase der Erholung – gemeinsam flexibel

Wenn man nun klein angefangen hat im Stadtgarten oder auch schon auf einem größeren Ackerbeet Gemüseanbau betrieben hat und Gefallen daran findet, bietet sich als langfristigere Lösung natürlich auch ein klassischer Pachtgarten an (die heißen übrigens auch Schrebergärten, benannt nach Moritz Schreber, einem Leipziger Arzt und nicht etwa Strebergärten, wie eine Freundin von mir lange geglaubt hat 😉 ). Tatsächlich habe ich schon in Braunschweig mal intensiver nach einem Pachtgarten geschaut und war schon in der Verhandlung. Da diese dann leider geplatzt ist, war ich damals auch nicht mehr motiviert weiter zu suchen. Hinzu kam, dass ich mir die Bewirtschaftung langfristig auch nicht allein vorstellen konnte.

Aber warum muss es immer ein Garten für einen allein sein? Eine Freundin hat sich gerade einen Pachtgarten angeschafft, Richtung Belvedere raus und daher leider nicht ganz in der Nähe. Trotzdem freue ich mich schon darauf, das gute Stück Land mal zu inspizieren – und wer weiß, vielleicht ergibt sich ein gemeinschaftliches Gartenprojekt daraus 😉 So kann man sich nämlich die Arbeit teilen, was vor allem in der Urlaubszeit sehr hilfreich ist und man hat auch gleich viel mehr Spaß beim Gärtnern.

Die gemeinsame Freude muss auch gar nicht am Gartenzaun aufhören, noch motivierender ist es nämlich das angebaute Gemüse gleich gemeinsam zu einem leckeren Gericht zu verarbeiten. Und wenn man dann noch Familie und Freunde dazu einlädt, haben alle was davon und sind vielleicht inspiriert den eigenen grünen Daumen mal zu erproben. Geteiltes Gärtnern ist also auf jeden Fall auch eine gute Alternative für diejenigen, die sich vor den großen Gemüse-Mengen fürchten.

Blühende Wiesen ohne Verpflichtungen

Wer nicht zu den Menschen gehört, der gerne Gemüse anbaut bzw. kocht, kann übrigens trotzdem etwas tun für mehr Grün und Artenvielfalt in der Stadt und auf dem Land. So gibt es zum Beispiel Blühstreifen am Rand von bewirtschafteten Äckern – viele Bauern suchen dafür Paten für eine finanzielle Unterstützung, wie zum Beispiel die Agrargenossenschaft Mellingen. Hier kann man ab einem Betrag von 50 Euro die Patenschaft für ein Jahr übernehmen. Kümmern muss man sich um nichts, aber vielleicht hat man dann schon ein Ziel für die nächste Fahrradtour. Am Ende des Jahres gibt’s dann sogar ein Glas Imkerhonig von den Imkern vor Ort. Die freuen sich nämlich besonders über die Blühstreifen, haben ihre Völker doch nun ein weitaus besseres und vielfältigeres Nahrungsangebot als es die intensiv bewirtschafteten Felder sonst hergeben.

Auch in der Stadt kann jeder selbst blühende Oasen schaffen, zum Beispiel mit Seedbombs. Die kann man inzwischen schon an vielen Stellen kaufen oder auch ganz einfach selbst herstellen, zum Beispiel nach dieser Anleitung. Die Samenbomben lassen sich wirklich einfach herstellen und mit ein bisschen kreativer Verpackung eignen sie sich auch als kleine Geschenke und Mitbringsel. Einen grünen Daumen braucht man zum Ausbringen der Saat übrigens nicht – einfach auf ein Fleckchen Erde legen, das verschönert werden soll, auf den nächsten Regen warten und beim Wachsen und Blühen zuschauen. Die Insekten werden dann auch nicht lange auf sich warten lassen.

Der beste Zeitpunkt zum Verteilen der Seedbombs ist übrigens der Saisonstart von April bis Mai, aber je nach Saatmischung sprießen die Blumen auch im Sommer noch, einfach ausprobieren! Ich werde meine Seedbombs diese Woche auch noch in der Stadt verteilen und freue mich schon auf die vielen bunten Oasen. Wenn es soweit ist, gibt’s die blühende Vielfalt auch auf facebook zu sehen.

Wer Bäume will, muss auch an Pflege denken

Übrigens freut sich auch die Stadt über Unterstützung bei der Baumpflanzung. Zwar ist die Pflege meist das größere Problem, da diese über Jahre hinweg erfolgen muss und entsprechend aufwändig und teuer ist. Dies kann die Stadt aber vor allem aus (Verkehrs-)Sicherheitsgründen nicht so einfach an Bürger abgeben. Bei Neupflanzungen kann man sich aber mit einer Spende beteiligen oder sogar eine Baumpatenschaft abschließen. Das zuständige Grünflächenamt in Weimar arbeitet auch gerade an einem Konzept dazu. Wer nicht so lange warten will, kann sich mit einzelnen, konkreten Vorschlägen zu Baumpflanzungen trotzdem schon an das Grünflächenamt wenden, zum Beispiel für die eigene Straße. Aber auch die Wohnungsbaugesellschaften sind dafür ein guter Ansprechpartner und gehen teilweise gern auf die Anregungen aus der Mieterschaft ein.

Die Grüne Liga bietet außerdem Baumpatenschaften für Bäume auf Streuobstwiesen an, deren Erhalt besonders wichtig ist, da sie Lebensraum für viele Tiere und Insekten bieten. Die pestizidfreie Kultivierung der meist alten Obstsorten, die sich ideal an ihren Standort angepasst haben und sehr widerstandsfähig sind, dient auch dem Erhalt der Böden und ist entgegen der Monokulturen heutiger „moderner“ Obstplantagen der Biodiversität zuträglich. Die Streuobstwiesen stehen sogar auf der roten Liste der gefährdeten Biotoptypen, das war mir noch gar nicht klar! Das ist doch mal ein kräftiges Argument für eine Unterstützung.

Wie ihr seht, es gibt sehr viele Möglichkeiten sich für mehr Grün in der Stadt einzusetzen. Ob mit oder ohne grünen Daumen und mit viel oder wenig Aufwand oder Bindung kann jeder Einzelne blühende Oasen schaffen oder eigene Lebensmittel erzeugen.

Und, war euer Konzept vom eigenen Grün dabei oder habt ihr noch Anregungen, wie wir unsere Städte grüner machen und selbst gärtnern können? Teilt doch eure Ideen und Erfahrungen mit einem Kommentar!

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