Aus alt mach neu… und den Kleiderschrank wieder voll

Jahrelang habe ich mich davor gedrückt, meine ausgemisteten Klamotten weg zu geben. Erst jetzt ist mir bewusst geworden, was es mir so schwer gemacht hat. Einmal Klarheit geschaffen, konnte ich endlich zur Tat schreiten und bin begeistert über das Ergebnis. Lest mehr vom Problem des Loslassens und was man statt auftürmen und warten noch mit den alten Kleidungsstücken machen kann.

Von der Schwierigkeit loszulassen

Mit Ausmisten habe ich mich seit eh und je schwergetan – vor allem bei Klamotten. „Kann man doch irgendwann nochmal anziehen“, „habe ich ja kaum getragen“ oder „es war zu teuer, um es jetzt einfach weg zu geben“ und „vielleicht passe ich irgendwann wieder rein“. Die Argumente sind vielfältig, warum es mir so schwerfällt, mich von Kleidungsstücken zu trennen, die eigentlich nur noch Schrankhüter sind.

Wegschmeißen kommt für mich ja erstmal sowieso nicht in Frage. Mindestens zu Putzlappen kann man die Sachen doch noch verarbeiten oder die besseren wenigstens in die Kleidersammlung geben, sodass sie in ärmeren Ländern noch Gebrauch finden können. Also habe ich irgendwann angefangen einen Stapel mit Klamotten aufzutürmen, die ich wahrscheinlich wirklich nie mehr anziehen werde.

Der Ursache auf der Spur

Dabei haben sich für mich zwei Probleme herausgestellt. Zum einen tue ich mich selbst bei den aussortierten Kleidungsstücken noch schwer, sie weg zu geben, da ich noch keine „sichere“ Stelle für mich gefunden habe, bei der ich darauf vertrauen kann, dass aus meinen alten Sachen nicht etwa noch Geld rausgeschlagen wird, sondern sie wirklich kostenlos den Bedürftigen zu Gute kommen. Dem Thema widme ich mich im Artikel „Kleidersammlung oder reif für die Tonne?“ nochmal.

Der zweite Punkt hat sich beim Aussortieren selbst ergeben. So konnte ich mich von vielen Kleidungsstücken aus dem einfachen Grund nicht trennen, dass ich sie eigentlich weiterhin mochte und sie auch grundsätzlich gepasst haben, aber immer irgendwelche Kleinigkeiten das Tragen vermiest oder unmöglich gemacht haben: fehlende Knöpfe, ausgerissene Reißverschlüsse, zu enge Träger und vieles mehr.

Zu Beginn habe ich diese Sachen dann auf einen zweiten Stapel gelegt, mit dem Vorsatz sie selbst auszubessern. Denn wenn ich die Sachen noch mag, warum sollte ich sie nicht einfach reparieren. Und selbst machen kostet am wenigsten und es macht ja auch Spaß sich die Wertschöpfung zu eigen zu machen.

Geld ausgeben als eine Frage des Wertes

Nur ist der Stapel einfach immer nur weiter angewachsen. Genäht habe ich nie. Es hat dann noch eine ganze Weile gedauert, bis die Erkenntnis kam, dass es mir nicht gerade besser damit geht, wenn ich die Teile zwar aussortiert, aber damit auf eine innerliche ToDo-Liste gesetzt habe mit dem Gefühl, dass ich sie nie schaffe abzuarbeiten. Warum also nicht nochmal überlegen, wie viel mir das Abändern der Teile wert ist. Will und werde ich sie wirklich nochmal genauso tragen, wie ein neues Kleidungsstück? Mit dieser Frage bin ich alles nochmal durchgegangen und konnte für mich klären, welche Teile es wert sind, nochmal ein bisschen Geld für eine Reparatur oder Änderung in die Hand zu nehmen.

Einen kleinen Anstoß zu diesen Gedankengängen habe ich bekommen, als im Mai das Nähwerk im Magni-Viertel aufgemacht hat. Das ist eine kleine Schneiderei, die von zwei Modedesignerinnen betrieben wird, unter anderem mit dem Ansatz, weniger Kleidung wegzuschmeißen und mehr Upcycling zu betreiben. So haben sie mit ALKEMIA auch ein eigenes nachhaltiges Modelabel, das mit vielen recycelten Stoffen und „made in germany“ aufwarten kann.

Da mir das Konzept vom Nähwerk auf Anhieb gefallen hat, wollte ich das kleine Start-Up natürlich auch gleich gern mit meinem Geld unterstützen. Und schon fiel es mir viel leichter, Klamotten für die Reparaturarbeiten heraus zu suchen.

Im Nähwerk: Ein Gefühl für den Preis vermitteln

Also bin ich bei nächster Gelegenheit gleich mit einer Tüte von ausbesserungswürdigen Klamotten ins Nähwerk marschiert und habe mich zu Möglichkeiten und Preisen informiert. Dabei hat mich überrascht, wie unterschiedlich mein Gefühl dafür war, wieviel eine Änderung wohl kosten würde. So empfand ich den Preis für die Ausbesserungen großer Löcher in einem Strickpulli für sehr günstig, genauso wie das Annähen von Knöpfen. Bei manchen Reißverschlüssen hätte ich mir erhofft, dass man leicht schnelle Änderungen machen kann, wo sich leider herausgestellt hat, dass man den Reißverschluss komplett tauschen muss und somit natürlich auch zu einem höheren Preis kommt, schon bei winzigen Fehlern. Auch das Upcycling eines T-Shirts zum Tank-Top, um das Motiv trotz kaputter Ärmel zu retten, kam mir sehr teuer vor.

Zum Konzept vom Nähwerk passend und sehr sympathisch fand ich aber, dass die beiden Inhaberinnen explizit darauf hinweisen und auch empfehlen, dass man zusätzlich benötigtes Material wie Knöpfe, Stoff oder Reißverschlüsse selbst kaufen und mitbringen kann. Sie haben zwar auch vieles selbst, sagen aber, dass man eine bessere Vorstellung für die Zusammensetzung des Preises bekommt, wenn einem klar ist, wieviel allein das Material kostet. Bei Kleinteilen bekommen sie selbst natürlich durch den Mengenrabatt deutlich bessere Preise.

Dass sie den Gedanken, die Ressourcen schonen zu wollen, verinnerlicht haben, zeigt auch ein Beispiel aus ihren Kundenerfahrungen. So fertigen sie zwar auch neue Teile nach Vorlage an, haben aber Kunden auch schon dazu geraten, bestehende Kleidungsstücke nur in Teilen zu ändern, da die Neuanfertigung deutlich teurer und aufwändiger gewesen wäre.

Kann es nur einen geben?

Bevor es das Nähwerk gab, habe ich meine wenigen zu ändernden Sachen übrigens immer zu Ruck Zuck gebracht, eine alteingesessene Änderungsschneiderei in der Nähe vom Bohlweg. Dort wurde alles vom neuen Reißverschluss bis zu Anpassungen am Ballkleid immer sehr gut genäht und auch schnell fertig gestellt. Auch die Inhaberin finde ich sehr sympathisch.

Vielleicht werde ich in Zukunft dort nochmal genauer nachfragen, mit welchem Zubehör dort gearbeitet wird und dann entscheiden, ob ich komplett zum Nähwerk wechsele oder einfach nach Lust und Laune entscheide. Es muss ja nicht nur einen geben, oder?

Kleiderschrank aufgewertet

Die Stapel zum Nähen sind inzwischen ziemlich zusammengeschmolzen und werden nach dem Winter hoffentlich ganz verschwunden sein, wenn ich für die paar Kleinigkeiten, die ich nicht zum Ändern weggeben wollte, auch noch Zeit und Muße gefunden habe.

Auf jeden Fall habe ich inzwischen wieder viele „neue“ alte Teile im Kleiderschrank und weiterhin das Gefühl, dass ich noch lange keine neuen Klamotten kaufen muss. Die geänderten Teile trage ich teilweise übrigens lieber als vorher, weil mir ihr Wert jetzt erst so richtig bewusst geworden ist.

Habt ihr auch Lieblingsteile, die schon mal repariert werden mussten? Wie viele neue Leben gebt ihr euren geliebten Kleidungsstücken? Vielleicht habt ihr auch schon Erfahrungen mit Upcycling gemacht? Lasst es mich wissen mit einem Kommentar!

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*